…aus der Ferne | Mittwoch, 9. April 2014
Schwärmereien eines Finnen für Eduard Mörike
Hamburg. Krank, wund und weh sei sein Herz, nachdem ihn seine Angebetete auf immer verlassen habe, schreibt der Dichter Eduard Mörike in seinen ›Peregrina‹-Gedichten in der schmachtend verschwärmten Sprache eines verliebten Jünglings. In sich rückerinnernden Fantasien wird diese Dame mit dem fragwürdigen Lebenswandel zur heiligen Quelle von Seelenqual und Liebesweh. Das schreit nach einer Vertonung! Ralf Gothoni, weltbekannter finnischer Komponist, Pianist, Dirigent und Mörike-Verehrer, hat es getan. Sein Kammerkonzert für Viola und Kammerorchester, ›Peregrina‹, erfuhr im Rahmen des Hamburger Camerata-Konzerts in der Laeiszhalle, ›… aus der Ferne‹ überschrieben, seine Uraufführung.
Es war das Herzstück dieses von heiterer Grundstimmung getragenen Konzertes, in dem die Hamburger Camerata, fein aufeinander eingestimmt, unter der Leitung von Gothoni ihr Bestes gab in Werken, die nicht zum Allerbesten gehören, was ihre Schöpfer geschrieben haben. Weder Josef Haydns Kammerkonzert F-Dur für Klavier und Streicher, bei dem Haydns Urheberschaft nicht gesichert ist, noch Peter Tschaikowskys in Erinnerungen schwelgendes ›Souvenir de Florence‹, hinterließen viel – außer dem Eindruck, dass die Musiker leicht und kammermusikalisch fein den leisesten Fingerzeig Gothonis befolgten.
Gothoni, der auch vom Flügel aus dirigierte, macht sich bei seiner der Hochromantik verpflichteten Mörike-Vertonung seine eigenen Gedanken, er vertieft, spinnt fort, sinnt über das nach, was die Besucher vom Schauspieler Jona Mues unprätentiös, in vorbildlicher Diktion vorgelesen bekommen haben.
Peijun Xu, die junge Bratschistin, ordnete sich dabei buchstäblich ein als Prima inter pares. So viel Bescheidenheit einer großartigen Solistin sollte früher oder später mit einem Extrakonzert belohnt werden.
Hamburger Abendblatt, 12. April 2014
Monika Nellissen
zurück