Jauchzen und jubeln mit Musik von Mozart
Das traditionelle Weihnachtskonzert der Camerata
Mozarts Motette „Exsultate Jubilate“ kennt wohl jeder, der etwas übrig hat für den Salzburger Tausendsassa im Allgemeinen und sakral-vokalen Hochleistungssport im Besonderen. Schon weniger bekannt ist, dass es diesen Allzeitschlager gleich in drei Text-Versionen gibt. Auch Mozart verstand sich halt schon auf maximale Verwertung seiner Werke.
Was liegt da näher, als das traditionelle Weihnachtskonzert der Camerata am zweiten Adventssonnabend mit der Weihnachtsfassung zu krönen? Allerdings wird im Hamburg des frühen 21. Jahrhunderts nicht wie bei der Uraufführung ein Kastrat das finale „Alleluja“ anstimmen, sondern die norwegische Sopranistin Lina Johnson. Allzu weit sollte man es dann doch nicht treiben mit der Tradition.
Auch sonst trifft der Zusatz „traditionell“ nicht in jeder Hinsicht zu. Einerseits ist das Weihnachtskonzert für die zahlreichen Anhänger, die sich die Hamburger Camerata in den 26 Jahren ihres Bestehens in der Stadt erworben hat, längst zu einem liebgewordenen Brauch geworden, der zur Adventszeit dazugehört wie Zimtstern und Kerzenschimmer. Nicht auszudenken, es könnte einmal nicht der Grandseigneur unter den Fernsehmoderatoren Rolf Seelmann-Eggebert durch das Konzert führen!
Doch andererseits macht der frische Wind, den der neue Chefdirigent Simon Gaudenz mit in die noch junge Saison gebracht hat, auch vor dem Programm des Weihnachtskonzerts nicht halt. Festliche Trompetenklänge, ja bitte – aber sie müssen ja nicht immer von Bach sein. Stattdessen erweist Gaudenz zur Eröffnung Bachs hochgeschätztem, zu Unrecht lange Zeit vergessenen Kollegen Jan Dismas Zelenka die Ehre mit sechs Reiterfanfaren für Trompetenensemble und Pauken.
Im folgenden wechselt das Programm fröhlich ab zwischen geistlicher Erbauung und durchaus weltlichen Vergnügungen. Um letztere drehen sich, ganz wörtlich, Mozarts Kontretänze und Quadrillen, in Mendelssohns früher Streichersinfonie Es-Dur kontrastieren ein Menuett und ein Choral. Und die Konzertarie „Vorrei spiegarvi, o Dio“ trägt zwar Gottes Namen im Titel, handelt aber dann doch von Mozarts Herzensthema, der Liebe. Und in den himmlischen Hafen laufen die Musiker dann mit der Sinfonie „Alleluja“ von Haydn ein.
Dieses Spiel mit unterschiedlichen Ebenen, mit Bekanntem und Unbekanntem, trägt deutlich Gaudenz’ Handschrift. Das Ensemble ist ihm da ein idealer Partner, wie es scheint: „Ich sehe die Hamburger Camerata als kleines Labor, in dem man die verschiedenen Ideen zusammensetzt“.
VERENA FISCHER-ZERNIN / Hamburger Abendblatt / 21. November 2012