Das Ungarische in der Musik

Das Ungarische in der Musik

Brillant: Camerata mit Cellist Várdai

Geburtstagsjubiläen großer Komponisten vergisst die HAMBURGER CAMERATA ja selten, selbst wenn ein musikalischer Glückwunsch mal mit ein paar Monaten Verspätung eintrifft wie am Donnerstag. Bereits am 19. Februar hatte der ungarische Zeitgenosse György Kurtág seinen 85. Geburtstag gefeiert. Er entstammt demselben Jahrgang wie Hans Werner Henze, dem viele Hamburger Orchester bereits diverse Aufführungen gewidmet haben. Kurtágs Jubiläum nun gab Anlass für eine „Ungarische Serenade“ der Camerata in der Laeiszhalle, zu dem auch der faszinierende ungarische Cellist István Várdai und als Gast der Konzertmeister des Gewandhausorchesters Leipzig Julius Bekesch eingeladen waren.

Nur knapp drei Minuten Spieldauer hat Kurtágs in sich ruhende, aus Klanginseln zusammengesetzte „Ligatura Y“ und ist damit nur wenig länger als „János Pilinszky: Gérard de Nerval“ oder „Merran’s Dream“, die das Herzstück des Abends bildeten. Um diese Miniaturen herum hatte die Camerata ein Bartók-Divertimento und zwei stilistisch höchst unterschiedliche Stücke von Kurtágs Lehrer Leó Weiner gruppiert, die der 2009 mit dem Deutschen Dirigentenpreis ausgezeichnete Simon Gaudenz brillant leitete. Die Romanze für Cello, Harfe und Streicher klang wie ungarischer Impressionismus.

Im Cellokonzert Nr. 1 vom Wahl-Ungarn Joseph Haydn schließlich bewies István Várdai seine außerordentliche Begabung in samtiger Tongebung und einem hohen Maß an Ausdifferenzierung. Wunderbar gelangen die sukzessiven dynamischen Rücknahmen nach kraftvoll angesetzten Tönen oder die herrlich hervorgehobenen Zieltöne im Bass. Ein großer Musiker mit ungarischem Temperament, der an diesem Abend offensichtlich ganz in seinem Element war.
 
Oj / Die Welt / 25.06.2011
 
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